„Storytelling“ – Europäischer Tag der Jüdischen Kultur
Der Europäische Tag der Jüdischen Kultur wurde vor 19 Jahren in Frankreich ins Leben gerufen und findet seitdem an jedem ersten Sonntag im September statt. Das Interesse an der Initiative wächst, sodass im vergangenen Jahr Organisationen aus über 30 europäischen Ländern teilnahmen. Auch Deutschland ist seit einigen Jahren Teil des Aktionstages, der die unterschiedlichsten Angebote bereithält, die von Führungen, über Ausstellungen, Lesungen und Konzerte reichen. Verbunden sind alle durch ein gemeinsames Anliegen: Während das Judentum in den Medien fast ausschließlich in Zusammenhang mit Antisemitismus in Erscheinung tritt, bleiben Einblicke in die Kultur und den religiösen Alltag eher selten. Die Initiative, die sowohl von jüdischen als auch nicht-jüdischen Einrichtungen unterstützt wird, bietet hingegen die Möglichkeit, das europäische Judentum mit seinen Traditionen und Bräuchen in Vergangenheit und Gegenwart besser kennenzulernen.
Um jeweils unterschiedliche Perspektiven zu
gewähren, ist jeder Tag der Jüdischen Kultur mit einem anderen Motto versehen. In diesem Jahr wird der Tag unter dem Thema „Storytelling“ stattfinden. Mündliche Erzählungen bildeten von jeher eine wichtige Komponente
für den Bestand und die Entwicklung des Judentums in der Diaspora: Biblische Überlieferungen, Familienerinnerungen, Migrationsgeschichten. Durch Erinnernde Erzählungen wird ein sehr persönlicher
Zugang zu einem privaten Judentum ermöglicht.
„Zusammen haben wir dann immer Streifzüge durch die Natur unternommen. Und es gab auch eine Badeanstalt. Und wir Kinder sind oft zum Waldbeeren- oder Heidelbeerenpflücken gegangen. Meine Familie
betrieb eine Matzenbäckerei. Vor dem Pascha-Fest hatten wir immer einen Rabbi als Mitbewohner in unserem Haus, und dann mussten wir – zusätzlich zu allen anderen Regeln – auch noch sämtliche
jüdischen Vorschriften beachten“ erzählt Heinz Joseph aus Laufersweiler aus
seinen Kindheitserinnerungen. Die Geschichte des jungen Heinz ist nur eine von vielen Erzählungen, der Besucher am Europäischen Tag der jüdischen Kultur in der ehemaligen Synagoge Laufersweiler auf die Spur gehen können.
Zum ersten Mal wird in diesem Jahr auch Laufersweiler Teil der europaweit vernetzten Veranstaltung sein. Die ehemalige Synagoge ist eine der wenigen erhaltenen Synagogenbauten der Region, die auch heute als solche erkennbar ist und als Lern- und Erinnerungsort genutzt wird. Neben den jüdischen Friedhöfen ist diese eine der seltenen Zeugnisse des Landjudentums der Hunsrückregion und verweist auf die lange jüdische Tradition entlang des Rheines. Bereits seit 1700 siedelten sich vereinzelte Familien auf dem Land an und integrierten sich in das dörfliche soziale und wirtschaftliche Leben. Von diesem Leben erzählen zahlreiche Geschichten, die in den vergangenen Jahrzehnten erforscht wurden und heute in der Synagoge in Laufersweiler zugänglich sind.
Mit dem diesjährigen Thema „Storytelling“ kann daher nahtlos an bisherige Bemühungen angeknüpft werden, biografische Erzählungen und Erinnerungen in den Fokus der Erinnerungsarbeit zu rücken. Mit Hilfe von gesammelten Geschichten und Gegenständen gelingt es, einen Blick auf jüdisches Leben im Hunsrück zu werfen, das mit der Zerstörung durch den Nationalsozialismus für immer verschwunden ist. Dazu gehören das Schulzeugnis von Heinz Joseph oder ein Seesack der US-Army, mit dem Richard Hirsch nach der Befreiung der Konzentrationslager in seine Heimatstadt Kastellaun zurückkehrt. In dem Gedicht „Ä Kind steht am Zaun“ reflektiert Paula Petry den Ausschluss ihrer besten Freundin Ilse Goldberg aus dem öffentlichen Leben.
Am 2. September wird die Ehemalige Synagoge in Laufersweiler von 10 bis 18 Uhr geöffnet sein und für alle interessierten Besucher ein facettenreiches Programm bereit halten. Um 14 und 16 Uhr gewährt eine musikalische Lesung mit ausgewählten Geschichten Einblicke in die jüdische Kultur und persönliche Schicksale. Darüber hinaus kann der Gedenkort mit seinen Spuren und Lebensberichten, die als kleine Begegnungsstationen aufbereitet sind, selbstständig erkundet werden.
Verfasser: Carolin Manns
Einladung zur Buchvorstellung in der Reihe „Laufersweiler Hefte“
„Das Vertrauen auf den Führer ist unerschütterlich“, - Lageberichte der Bürgermeisterei Kirchberg (1940-1944) von Hans-Werner Johann
„Hunsrücker Fluchtgeschichten“ von Carolin Manns
Der Förderkreis Synagoge Laufersweiler lädt am
Donnerstag: 24. Mai – um 18.00 Uhr
In die ehemalige Synagoge, Kirchgasse 6, 55487 Laufersweiler – heute Forst-Mayer Studien- und Begegnungszentrum für das Landjudentum, ein.
Gerade in Zeiten einer intensiven und notwendigen Antisemitismusdiskussion sind Präventionsmaßnahmen gegen Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit besonders wichtig. Aufklärung und Information sind Grundbausteine im Kampf gegen eine Spaltung der demokratischen Gesellschaft. Dabei kann ein Blick zurück auf die ideologische Verblendung von „Hoheitsträgern“ während des Zweiten Weltkrieges und in die Migrationsgeschichte unserer Region helfen, zu verstehen, was menschenfeindliche Ideologien, Flucht und Vertreibung für den einzelnen Menschen und die gesamte Gesellschaft bedeuten.
Musik in der Synagoge
Zwei herausragende junge Musikerinnen gastieren in der Synagoge Laufersweiler
Eine fantastische junge Geigerin aus Frankreich und eine phänomenale junge Bratschistin aus Israel gastieren am Freitag, 16. März, um 19 Uhr in der ehemaligen Synagoge Laufersweiler. „Musik in der Synagoge“ heißt die Reihe der Landesstiftung Villa Musica, die hier zwei ihrer besten Stipendiatinnen präsentiert: Die Geigerin Charlotte Chahuneau wurde 1991 in Paris geboren, wo sie am berühmten „Conservatoire“ studierte. Zwei Jahre älter ist Shira Majoni aus Jerusalem, die in Tel Aviv, Boston und Berlin ihre Studien absolvierte. Zusammen bringen die beiden jungen Musikerinnen rund ein Dutzend Preise bei internationalen Wettbewerben auf die Waage – ein Beweis für ihre stupende Virtuosität. Das feine kammermusikalische Zusammenspiel lernten sie bei der Villa Musica in Projekten mit Weltstars wie Pinchas Zukerman oder Ragna Schirmer. In Laufersweiler ziehen sie im Duett alle Register ihres Könnens. Schon im G-Dur-Duo, KV 423, von Wolfgang Amadeus Mozart liefern sich die Beiden einen klangschönen Schlagabtausch. Er steigert sich in den „Drei Madrigalen“ des Tschechen Bohuslav Martinů zu atemberaubender Virtuosität, was auch für eine Transkription des „Erlkönigs“ von Franz Schubert zutrifft. Ungarisch volkstümlich geht es in den Duetten von Béla Bartók zu, tänzerisch und barock in den 15 Inventionen von Johann Sebastian Bach, die hier vom Klavier auf Violine und Viola übertragen werden. Schon Bach wollte mit diesen wundervollen Stücken den jungen Musikern eine „kantable Art zu Spielen“ beibringen. Charlotte Chahuneau und Shira Majoni beherrschen das gesangliche Musizieren bis zur Perfektion.
Tickets zu 16 € gibt es bei der Tourist Information Kirchberg (Tel.: 06763/910144, touristik@kirchberg-hunsrueck.de) und bei Villa Musica in Mainz (Tel.: 06131 / 9251800, www.villamusica.de).
Jedes Wort hab ich vergoldet …“– Das faszinierende Leben der Else Lasker-Schüler
Ein Gedenkvortrag von Dr. Petra Urban zum zentralen Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus
Zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert die Schriftstellerin und Literaturwissenschaftlerin Dr. Petra Urban am 28.Januar 2018, um 16.00 Uhr, in der Synagoge in Laufersweiler, Kirchgasse 6, an das faszinierende Leben der Else Lasker-Schüler. Die Dichterin mit dem „blau blühenden Herzen“, die als Jüdin aus Deutschland fliehen muss, hat ihr Schicksal der Vertreibung und der Fremdheit im eigenen Land eindringlich formuliert. Aber auch für das Glück und vor allem für die Liebe, die in ihrem abenteuerlichen Leben nicht immer glücklich war, findet sie beschwörende Worte.
Petra Urban lässt Gedichte und Biografisches zu einer klangvollen Einheit, einem buntgewebten Textteppich, verschmelzen. So verleiht sie der Dichterin Leben, lässt das Publikum an Ängsten und Einsamkeit, an Vertreibung und Hoffnungslosigkeit, aber auch an leidenschaftlicher Liebe und Sehnsucht teilhaben.